Fußball WM 1974

Aus gegebenem Anlass heute wieder ein Auszug aus meinem Buch.

Fußball-WM 1974

Ja, Sonntag der 7.7.1974, ein denkwürdiger Tag. Ab 15.00 Uhr war kein Mensch mehr auf der Strasse. Auch in der Kneipe war niemand. Das Wetter war schön. Was war los? In einer Stunde war Anstoß zum Endspiel der Fußballweltmeisterschaft in
München.

Alle ersten Fernsehsender übertrugen dieses Finale. Aber die meisten guckten Westen. „Die DDR – Kommentatoren kannste dir nicht anhören“, sagte mein Vati. „Außer einen, den Heinz Florian Oertel. Der läßt immer ma een gucken.“

Heinz Florian Oertel hatte einige Tage zuvor das Spiel DDR- BRD kommentiert.
Die DDR hatte sensationell 1 : 0 gewonnen, durch das Tor von Sparwasser.
Es wurde hauptsächlich zuhause geguckt, denn in der Kneipe durfte kein Westfernsehen eingeschaltet werden. Das Bier war schon kalt gestellt. Für mich gab es ausnahmsweise Cola. Jetzt gab es erstmal Kaffee und den Rest Kuchen vom Vortag.

Dann wurde der Fernseher eingeschaltet. Heute schien es ewig zu dauern, ehe das Bild da war. Die Bildeinstellung übernahm mein Vati höchst persönlich. Das Bild und der Ton sollten heute absolut perfekt sein. Ich holte stolz Bier und Cola aus dem Keller und dann machten wir es uns vorm Fernseher bequem.

Sogar Mutti und unsere Mieter waren dabei. Obwohl die eigentlich keine Fußballfans waren. Aber heute konnten die Deutschen Weltmeister werden. Pünktlich 16.00 Uhr ging es los.

Es war ein spannendes Spiel. Zur Halbzeit stand es 2 : 1 für die Unseren. Heute war die BRD – Elf auch unsere Mannschaft. Die zweite Halbzeit war zwar auch spannend, aber es fiel kein richtiges Tor mehr. Am Ende blieb es beim 2 : 1. Die Deutschen hatten Holland geschlagen.

Wir jubelten mit denen im Fernsehen um die Wette. Deutschland war nun zum zweiten Mal Weltmeister geworden.

Plötzlich war ein Geschrei auf der Strasse zu hören. Bobby rannte, die DDR – Fahne schwenkend, durchs Dorf und schrie: „WIR SIND WELTMEISTER.“ Und immer wieder: „Wir sind Weltmeister.“ Sein Vati raste ihm hinterher und versuchte ihn
einzufangen.

„Bist du still!“, rief er. „Bleib stehen, sonst gerbe ich dir das Fell!“ Doch Bobby hörte nicht. Er rannte und schrie weiter. Inzwischen hatten sich die meisten Männer des Dorfes vor der Kneipe eingefunden. Ihnen gelang es, Bobby zu fangen und den Mund zu zuhalten.

Außer Atem kam sein Vati an. Bobby bekam ein paar ordentliche Schläge auf den Hintern. Aber das machte ihm nichts aus. Stolz lief er, mit der Fahne in der Hand, nach Hause. Für den Rest des Tages hatte er Hausarrest. Das war ihm aber egal. Am nächsten Tag waren fast alle Jungen aus dem Dorf auf dem Sportplatz und spielten die
besten Szenen aus dem Endspiel nach.

Ein besonderes Ereignis, das uns noch lange in unserem Gedächtnis blieb.
Und Gerd Müller war unser Held.

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