Wer hat das Schlachten in seiner Kindheit in der DDR noch in Erinnerung? Und was habt Ihr da so alles erlebt?
Ein oder vieleicht „der“ Höhepunkt des Jahres, war der Tag, an dem das Schwein geschlachtet wurde. Das wurde nicht aus Spaß gemacht, es war notwendig. Die Versorgung mit Fleisch und Wurst war in den meisten Dörfern nicht gerade üppig.
Deswegen hielt man sich zu Hause Tiere zur Selbstversorgung. Die Haltung und das schlachten von:
- Geflügel
- Hasen
- Schaf
- Ziege
- und Nutria
war das unproblematisch.
Vom Nutria und vom Schwein wollte der Staat das Fell bzw. Haut.
Bei Schweinen und Rindern brauchte man außerdem einen Schlachteschein und einen
staatlichen Fleischbeschauer. Mit dem Schlachteschein bekam man auf einer BHG (Bäuerliche Handelsgenossenschaft) Därme, Pökelsalz und Gewürze zu kaufen.
Die Gerätschaften hatte jeder zu Hause.
Dann musste man sich noch einen Hausschlächter organisieren. Das war nicht ganz einfach, denn die, die gute Arbeit leisteten, waren gut beschäftigt und während der gesamten Saison ausgebucht.
Jeder Hausschlachter hatte seine eigenen Rezepte (oder auch nicht), deshalb gab es beim Geschmack der Wurst große Unterschiede. Einer nahm mehr Salz oder weniger Pfeffer, der andere hatte keinen guten Majoran, was den Geschmack deutlich beeinflußte.
So verlief ein Schlachtetag bei uns:
Nachdem meine Eltern den Schlachteschein hatten, kauften sie Därme und Gewürze. Bis eben auf den Majoran, ohne den kein Wurst machen möglich war. Den bauten wir selbst im Garten an. Den nahm der Hausschlächter unheimlich gerne und als Teil seiner Bezahlung nahm er den Rest, der vom Majoran übrig blieb mit nach Hause. Für ihn gab es keinen besseren.
Am Tag vor dem schlachten bekam das Schwein nichts mehr zu fressen. Es wog jetzt zwischen 180 und 200 Kg.
Am Schlachtetag wurde es gegen 6.00 Uhr aus dem Stall geholt und mit einem Schuß aus dem Bolzenschußgerät betäubt. Nun gab es einen gezielten Stich in den Hals und das Schwein blutete langsam aus.
Das Blut wurde aufgefangen und von meiner Mutter oder Oma ständig gerührt. Es wurde für die Blutwurst gebraucht.
Natürlich waren auch noch Helfer da, z.B. meine beiden Onkel, die Brüder meines Vaters.
Das Schwein wurde nun in einem Brühtrog mit heißem Wasser gebrüht, die Borsten abgeschabt und das Fell abgezogen. Dann wurde es mit dem Kopf nach unten an eine Leiter gehängt, der Kopf entfernt und der Bauch aufgebrochen (aufgeschnitten) um die Eingeweihde zu entnehmen.
Nachdem die Innereien entfernt waren, hieß es auf den Fleischbeschauer warten. Erst wenn der das Fleisch untersucht und für gut befunden hatte, konnte es weiter gehen.
Doch zuerst kam eine alte Tradition. „Wenn das Schwein auf der Leiter hängt, wird erstmal einer eingeschenkt.“ Das hieß: es wurde ein Schnaps getrunken. Dann wurde das Schwein grob zerlegt, die Därme sauber gemacht, das erste Gehacktes für das Frühstück gemacht und das Kochfleisch kam in den Kessel. Aus dem Waschhaus dampfte es und alle Frauen, das waren meine Mutter, Oma, die Freundinnen meiner zwei Brüder und unsere Mieterin, hatten jetzt gut zu tun.
Unser Fleischer aß zum Frühstück nur Kuchen. Meine Mutter wußte das aus den letzten Jahren und hatte am Vortag einen Gugelhupf gebacken.
Dann ging die Arbeit richtig los. Die Schinken und der Speck wurden zugeschnitten und eingepökelt. Dann wurden die verschiedenen Wurstmassen zubereitet und in Därme und Gläser abgefüllt. Die Wurst im Darm kam dann zum fertigkochen in einen der zwei vorbereiteten Kessel.
In den anderen Kessel kamen die Wurstgläser zum einkochen. Etwas rohes Fleisch mit Knochen wurde in einem großen Steinguttopf eingepökelt.
Zum Mittag gab es frische lockere Bratwürste mit Kartoffeln und Soße.
Nun waren die Leber-, Blut- und Schwartenwürste fertig gekocht und wurden zum trocknen auf Stangen gehängt. Die Bratwürste ( Knackwürste ) wurden nicht gekocht.
Sie hingen schon zum trocknen. Nun wurde der Schmer grob geschnitten und
alles sauber gemacht. Dann kamen die Leute aus dem Dorf und holten für sich Wurstsuppe.
Das war die Brühe, in der das Fleisch und die Wurst gekocht wurden. Manch einer bekam noch etwas frisches Gehacktes oder Wellfleisch oder eine Kleine, frische Wurst mit.
Am nächsten Tag wurden ein paar frische Blut- und Leberwürste zum frisch essen in die Speisekammer gehangen, ein paar wurden zusammen mit etwas Fleisch eingefroren. Die restlichen Blut- und Leberwürste kamen zusammen mit den Brat- und
Schwartenwürsten in die Räucherkammer.
Schinken und Speck wurden im Pökelsalz täglich gewendet und der Schmer wurde zu
Fett ausgelassen. Das wurde in Steinguttöpfe gefüllt, die Grieben kamen in einen extra Topf.
Die Wurstgläser wurden in den Keller gebracht. Nach 5 Tagen waren die Würste fertig geräuchert und wurden in die Speisekammer unter die Decke gehängt.
Ein paar Tage später waren der Schinken und der Speck fertig gepökelt. Die wurden nun ein paar Tage zum trocknen aufgehängt und das Salz wurden jeden Tag abgebürstet. Dann kamen die in die Räucherkammer.
Ein Schinken wurde nach 3 Tagen rausgenommen, zerschnitten und eingekocht. Nach etwa 7 – 10 Tagen Waren Schinken und Speck fertig geräuchert und wurden in die Speisekammer gehängt. Das war nun unser Vorrat für das Jahr.
!80 bis 299 kg ist ja j´kein richtiges Schwein. Eingrößeree Läufer